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Du bist, wie du isst!

Kleine Schritte gegen die Klimakrise

Insgesamt 72 Freiwillige aus den Bundesländern Bremen, Berlin und NRW besuchten im Rahmen der Block- und Einzelseminare verschiedene digitale Workshops, um sich gemeinsam mit dem Thema Ernährung auseinanderzusetzen und gemeinsam zu kochen. Die Teilnehmenden stellten sich die Frage: Wie gesund, schmackhaft, natürlich und fair ist das, was wir essen und was kann jede*r tun, um ökologisch, fair, regional und nachhaltig zu handeln? Dazu schauten wir mit unterschiedlichen Methoden kurz hinter die Kulissen der Lebensmittelindustrie und bereiteten gemeinsam an jedem Termin ein leckeres, vegetarisches bzw. veganes und manchmal auch fleischhaltiges Essen aus nachhaltig produzierten Lebensmitteln zu. 

Ziele

  • Austausch über Werte und Lebensstile, Kennenlernen kultureller sowie regionaler Unterschiede
  • neues Essverhalten entdecken und lernen, gesunde Gerichte aus nachhaltig produzierten Lebensmitteln zu kochen 
  • Esskultur erleben und die Zubereitung von Mahlzeiten als Kulturhandlung begreifen
  • Gemeinschaftsgefühl trotz Corona, Spaß am gemeinsamen Zubereiten der Mahlzeiten 
  • Slow Food & Zero Waste Cooking kennen lernen
  • Bewusstsein für den gesunden Umgang mit Lebensmitteln schärfen
  • Ideen zur aktiven Reduktion der alltäglichen Lebensmittelverschwendung entwickeln
  • Zusammenhänge landwirtschaftlicher Produktion in der globalisierten Welt verstehen
  • Sensibilisierung für schonenden Umgang mit Energie

Ablauf

Von April 2020 bis Juni 2021 haben insgesamt 6 Tagesworkshops (10:00 – 16:00 Uhr) zum Thema „Du bist wie du isst!“ stattgefunden. Jedes einzelne Thema wurde im Rahmen der Bildungswochen separat beworben und konnte auch separat gebucht werden. Zusätzlich zu den Workshops zum Thema Ernährung hat ein Workshop zum Thema Bildbearbeitung stattgefunden, bei dem die Teilnehmenden z. B. ihre Fotos von den Gerichten „instagramtauglich“ bearbeiten konnten. Der Tagesablauf war immer ähnlich: 

  • Vorab: Einkauf mit vorbereiteter Einkaufsliste 
  • Kurze Vorstellungsrunde & Erwartungsabfrage 
  • Theorie zum Thema 
  • Kochen und gemeinsames Essen
  • Abschlussrunde, Reflexion, offene Fragen
  • Küche reinigen oder abbauen ;-) 

An den Workshops haben jeweils 12 junge Menschen teilgenommen. Folgende Workshops haben stattgefunden: 

  • heimische Pflanzen neu entdeckt, Ragu alla Bolognese mit heimischen Linsen ( + Slow Food & Zero Waste Cooking) 
  • Kochen über den Tellerrand ( + Welternährung, Erweiterung des kulinarischen Horizontes) 
  • Kochen über dem Atlasgebirge (Einbindung einer Absolventin des Freiwilligen Sozialen Jahres, die den Workshop angeleitet hat, +Welternährung, Erweiterung des kulinarischen Horizontes) 
  • Einmal mit alles - Fastfood in gesund (gängige Fast-Food Gerichte gesund herstellen) 
  • Guerilla-Cooking-Food-Contest (Teilnehmende bekommen Einkaufsliste mit wenigen Zutaten und mussten daraus ein Drei-Gänge-Menü kochen, am Ende gab es drei Contest-Gewinner*innen, + Zero Waste Cooking) 
  • Alte Konservierungstechniken neu entdeckt: Salzen, Ölen Fermentieren! ( u.a. Herstellung eigener Gemüsebrühe/ Paste aus Gemüseresten, die das ganze Jahr genutzt werden kann, vegane Alternativen) 

Digital trifft analog

Die Freiwilligen haben sich zwar nicht in Präsenz kennengelernt, haben jedoch - digital verbunden durch die Videoplattform - ein analoges Gericht gemeinsam zubereitet und auch gemeinsam gegessen. Jede*r der bzw. die wollte, konnte die Kamera freigeben und einen Blick in die jeweilige Küche und Zubereitung gewähren. Durch die Chatfunktion konnten alle niederschwellig Infos austauschen. Probleme bei der analogen Zubereitung wurden besprochen („Ist die Konsistenz so in Ordnung?“) und mit der Kamera begleitet. Die Freiwilligen haben ihre Gerichte fotografiert, mit der App Lightroom bearbeitet und die Bilder untereinander getauscht mittels Instagram und Padlet. Wir haben gemeinsam auf YouTube einen Film zum Thema Welternährung angesehen: „Linsen - Das Rezept gegen den Welthunger“ und später darüber diskutiert. Durch geänderte Hygienebestimmungen konnte das letzte Seminar hybrid stattfinden: Teilnehmer*innen aus NRW waren aktiv vor Ort, Teilnehmer*innen aus Bremen und Berlin waren aktiv zugeschaltet. 

Highlights

Ein Highlight war u. a. der Guerilla-Cooking-Food-Contest. Die Jugendlichen haben sich sehr ins Zeug gelegt, aus wenigen Zutaten ein Drei-Gänge-Menü zu kreieren und sehr viel Ehrgeiz entwickelt, den Contest für sich zu entscheiden. Leider konnte es nur drei Gewinner*innen geben. Ein weiteres Highlight war die sehr hohe Motivation der Jugendlichen, die sich über weite Strecken gezogen hat und die immer zu sehr guten Ergebnissen geführt hat. Besonders in der Zeit der Kontaktbeschränkungen wurde deutlich, wie wichtig Gruppenangebote bzw. Gruppenaktivitäten für die jungen Menschen sind und welch Gewinn gerade auch handlungsorientierte, digitale Angebote darstellen können. 

Es wurde schnell klar, dass das Thema Ernährung bei den Jugendlichen sehr gut ankommt, weil die Workshops immer sehr schnell ausgebucht waren. Die jungen Leute waren alle sehr motiviert und haben zurückgemeldet, dass die Zeit im Workshop „gefühlt“ sehr schnell vergangen ist. Alle waren konstant beschäftigt und haben sich sehr gut beteiligt. Niemand ist „hinten runtergefallen“. Später haben einige Freiwillige berichtet, dass sie die erlernten Gerichte in den Alltag übernommen hätten und dass auch die Eltern von den neuen Gerichten begeistert gewesen wären. Die veganen oder vegetarischen Alternativen zu klassischen Gerichten (z.B. Ragu mit Linsen, Majo ohne Ei usw.) kamen sehr gut an. 

Herausforderungen & Tipps

Die erste Herausforderung war im April 2020 die technische Ausstattung und das Know How: Eine sehr schnelle Einarbeitung in digitale Methoden und Möglichkeiten war notwendig. Eine Herausforderung in der direkten Umsetzung war die schlechte Internetverbindung einiger, wodurch es teilweise Kommunikationsschwierigkeiten gab. Herausfordernd war auch die schlechte Kamera(-auflösung) am Laptop oder Tablet. Soviel zu den technischen Dingen, die sich hoffentlich durch die fortschreitende Digitalisierung in den nächsten Jahren verbessern werden. 

Als Workshopleiter war es teilweise schwer, allen Fragenden gleichzeitig gerecht zu werden. Die Kommunikation mit 12 Teilnehmer*innen, die nur über kleine Kacheln sichtbar sind und die gleichzeitige Zubereitung der Speisen an anderer Stelle war herausfordernd, wenn nicht sogar manchmal überfordernd. Multitasking-Fähigkeiten waren unbedingt notwendig. Erschwerend hinzu kam der Aufbau der Küche im Büro, was die Feuermelder schon mal mit einem sehr lauten Signalton goutierten, sodass der Workshop unterbrochen werden musste. ;-) 

Eine inhaltlich-methodische Herausforderung war die Vermittlung der theoretischen Kenntnisse, da die Workshops sehr praktisch auf die Zubereitung des Essens ausgerichtet waren. In präsenten Workshops ist es einfacher, den Jugendlichen diese Inhalte methodisch spannend zu vermitteln. Teilweise mussten wir an der Stelle in den digitalen Workshops Abstriche machen. 

Bei der Umsetzung ist eine gute Vorbereitung wichtig, damit sich die Teilnehmenden orientieren und selbst vorbereiten können. Es war sehr hilfreich, dass die Teilnehmenden alle im Vorfeld notwendige Hinweise, einen Ablaufplan und Einkaufslisten erhalten haben. 
Am besten muss das Gericht einmal sorgfältig Step by Step vorbereitet werden, um die notwendigen Schritte in der Umsetzung planen und kommunizieren zu können. Bei der Umsetzung ist es dann wichtig, die richtigen Werkzeuge bzw. Küchenutensilien einzusetzen, damit die Teilnehmenden den sachgemäßen Umgang damit erlernen. Teilweise waren der Umgang und die Auswahl der richtigen Werkzeuge noch sehr unsicher und mussten deshalb nochmal eingeübt werden. 

Für den Workshopleiter war es schwierig, sich auf die unterschiedlichen Niveaustufen einzustellen, da die Ergebnisse oft schlecht durch die digitalen Kacheln zu erkennen waren. Dadurch verzögerte sich der Workshop. Wichtig war auch der Beginn mit dem theoretischen Teil, weil dann die Konzentration noch sehr hoch war. Da die Aufmerksamkeit vor dem Laptop oder Tablet nicht dauerhaft hoch sein kann, bot der praktische Teil später Abwechslung und Auflockerung. 

Fazit

Nichts ersetzt den persönlichen Kontakt beim gemeinsamen Kochen. Essen ist eine Kulturhandlung, die nur in Präsenz wirklich stattfinden kann. Durch die Pandemie haben wir versucht, diese analoge Kulturtechnik mittels digitaler Technik gemeinsam umzusetzen. Für die Zeit der Pandemie war es eine gute Möglichkeit, trotzdem überregional in Kontakt zu treten, jedoch ersetzt dies nicht die Möglichkeiten einer Veranstaltung in Präsenz. Es fehlen wichtige Handlungen des Miteinanders, nicht nur das gute Gespräch am Tisch.;-) Die Jugendlichen waren sehr begeistert, weil es eine der wenigen Möglichkeiten war, in Kontakt zu treten, thematisch zu lernen, sich auszutauschen und gemeinsam zu gestalten. Trotzdem gilt es jetzt so viel wie möglich wieder Workshops und Veranstaltungen „live und in Farbe“, um gemeinsam etwas zu erleben und natürlich zu „erkochen“. 
 

Fotos: Thomas Schmittberger

Wer

  • Thomas Schmittberger 
  • Freiwilligendienste NRW 

Fakten

  • April 2020 bis Juni 2021
  • Workshopreihe, 6 Tagesworkshops 
  • im Rahmen der Bildungsseminare für FSJ-Absolvent*innen (16 - 27 Jahre)

Material

  • Einkaufsliste mit Zutaten für Kochprojekte
  • Doodle (für Anmeldung) 
  • iPad (konnte auch ausgeliehen werden) oder Laptop mit Google Meet & Chat (für Kommunikation)
  • Padlet (für Vorstellung des Tagesablaufs) 
  • iPad-Kamera & Videofunktion (zum Drehen eigener Erklärvideos und Fotografieren der Gerichte durch die Teilnehmenden) 
  • App Lightroom (kostenfrei, Bildbearbeitung)